Fischer André Grählert kontrolliert Aalkörbe auf dem Weg in den Hafen von Barth (Voigt & Kranz UG, ostsee-kuestenbilder.de)

André Grählert ist Ange­höriger einer Zunft, die wie keine andere das Bild von der Küste und seiner Bewohner prägt: Er ist Fischer und das in fünfter Generation in Pruchten am Barther Bodden.

Noch zu nachtschlafender Zeit klingelt bei André Grählert der Wecker. Wenig später an der Fischerpier im Barther Hafen bereitet er bereits die Boote für den Fang vor. Dann gibt es einen Kaffee von jener Sorte, die auch die letzte Müdigkeit aus dem Körper vertreibt. Ein knappes klärendes Gespräch mit den Mitarbeitern über den Tagesablauf und los geht’s. Am Fangplatz angekommen wird das Fanggeschirr, das schon am Vortag ausgesetzt wurde, eingeholt. Je nach Jahreszeit und Zielfisch sind es Stellnetze oder Aalkörbe, manchmal wird auch eine aufwendig gebaute Kammerreuse geborgen. So oder so, es ist harte körperliche Arbeit. Spannend, da das Ergebnis nicht vorhersehbar ist. Jeden Tag könnte der Jackpot, der große Fang in den Netzen sein.

Sommer- wie Wintertags erlebt Fischer André den Beginn des Tages hautnah. Und auch nach vielen Jahren im Beruf freut er sich jeden Tag aufs Neue auf diese besonderen Momente auf dem Bodden: auf die Dämmerung, den Sonnenaufgang, die glitzernde Wasseroberfläche, die Kranich- und Gänseschwärme im Herbst oder einfach nur auf die Stille. Mit dieser Faszination ist er nicht allein im Betrieb. David, ein Mitarbeiter, verfügt über eine wirklich beeindruckende Bildersammlung von Morgen- und Abendstimmungen auf seinem Smartphone.

Zurück im Hafen fliegen die Schuppen. Die frisch gefangenen Fische werden zum Räuchern, für den Direktverkauf in „Dei lütt Fischhall“ oder für einige Gaststätten der Region vorbereitet. Doch damit nicht genug – vor dem wohlverdienten Arbeitsende müssen noch die Boote gereinigt, Fische ausgeliefert, Netze in Stand gebracht und für den nächsten Tag der Räucherfisch produziert werden. Deshalb führt der Weg zurück nach Pruchten direkt an den Räucherofen. Wenn dieser dann vor sich hin qualmt, ist endlich Zeit zusammen mit Vater Horst Grählert Paula einen Besuch abzustatten. Paula ist ein in Pruchten gebautes Zeesboot, mit dem schlichten wie unromantischen Kürzel PRU 7 als Namen. Das steht für Pruchten 7. Mitten in der Weltwirtschaftskrise 1926/27 ließ Andrés Urgroßvater Paul Grählert es am Pruchtener Hafen von den arbeitslosen Bootsbauern Helmut Krüger und Hermann Schmidt bauen. Seitdem ist Paula ununterbrochen im Besitz der Fischerfamilie Grählert und weitestgehend im Originalzustand.

Zeesboote waren die für die Boddengewässer typischen Fischereifahrzeuge. Das Besondere an ihnen ist die Rumpfform. Ein flacher Rumpf ohne Kiel und ein bewegliches versenkbares Schwert ermöglichen das Ziehen eines Schleppnetzes (der Zeese) unter Segeln vor dem Wind. Paula wurde bis 1975 in dieser Fischerei eingesetzt. Gefangen wurde damals, heute kaum mehr vorstellbar, vor allem Aal. Nachdem 1975 die Fischerei unter Segeln eingestellt wurde und die Grählerts ihre Arbeit als Zeesbootfischer beenden mussten, wurde Paula ihrer Segel beraubt. Fortan befuhr sie als Motorkutter in der Reusenfischerei die Boddengewässer. Erst 1998 stellten die Grählerts wieder Masten und machten das Schiff fit für die Zukunft. Heute gehört sie zu der Flotte der liebevoll restaurierten historischen Zeesboote, deren Bild so typisch für die Boddengewässer ist. Mit der Anerkennung als Immaterielles Kulturerbe der Unesco wurde das Engagement der Eigner im Jahr 2018 gewürdigt.

Ein paar Dinge überprüfen André und sein Vater an Paula noch. Die Regatta in Bodstedt steht an. Jedes Jahr finden in Häfen entlang der Boddenkette Wettfahrten der Zeesboote statt. Für die Bootseigner und viele Mannschaftsmitglieder sind diese Termine fest im Jahreskalender eingeplant. Die Grählerts nehmen unter dem Motto „Dabeisein ist alles“ teil. Bekanntermaßen sind bei Paula Segel und Schwert zu klein. Außerdem ist der Fischkasten zur Hälterung lebender Fische erhalten. Ein Teil des Rumpfes ist mit vielen Löchern versehen und wird vom Wasser durchströmt. Deshalb wird trotz ihres schnittigen und eigentlich schnellen Rumpfes Paula sehr gebremst. Mit den Grählerts und ihrem Zeesboot ist also auf vorderen Plätzen nicht zu rechnen.

Nach letzten Handgriffen am Boot müssen nur noch die geräucherten Fische in die Kühlung. Dann ist wirklich Feierabend. Bis am nächsten Morgen der Wecker von André noch vor dem Morgengrauen einen neuen Tag einläutet.

Weitere Informationen: www.fischland-darss-zingst.de

Hier gibt’s Fisch auf Fischland-Darß-Zingst:
Dei lütt Fischhall von Fischer Grählert, Am Osthafen, 18356 Barth (Frischfisch, Räucherfisch)
Kutter Elfriede, Am Hafen, 18311 Ribnitz-Damgarten (Frischfisch, Hausgemachtes)
Ribnitzer Fischhafen, Am See 40, 18311 Ribnitz-Damgarten (Frischfisch, Räucherfisch, Fischbrötchen)
Fischerei Lewerenz, Lindenstraße 25a, 18347 Dierhagen (Frischfisch, Räucherfisch)
Wustrower Fischräucherei, Hafenstraße, 18347 Wustrow (Räucherfisch)
Reuse, Hafen Althagen, 18375 Ahrenshoop (Räucherfisch)
Fischer Ahrens, Postreihe 4, 18375 Wieck a. Darß (Frischfisch, Hausgemachtes)
Fischräucherei Rennhack, Waldstraße 2, Buchenstraße 6, Fischpavillon am Hafen, 18375 Prerow (Frischfisch, Räucherfisch, Fischbrötchen)
Fischer Bauer, Am Hafen, 18356 Bodstedt/Fuhlendorf (Frischfisch, Räucherfisch)

Mitsegeln auf Zeesbooten
Dierhagen-Dorf, Zeesboote „Hanne Nüte“ & „Lütt Hanning“, Tel. 0170 4512671
Wustrow, Zeesboote „Butt“ & „Bill“ , Tel. 038220 201
Ahrenshoop-Althagen, Zeesboote „Sannert“ und „Blondine“, Tel. 038220 6946
Wieck a. Darss, Zeesboot „Marie-Luise“ , Tel. 0174 4421750
Zingst, Zeesboot „Dorothea“, Tel. 0173 3927217
Barth, Zeesboot „Holzerland“ , Tel. 0173 9169911
Born/Bodstedt, Zeesboote „Martha“ & „Bernstein“, Tel. 0174 4421750

Weitere passende Bilder zum PR-Feature auf Anfrage.